Horizontale oder vertikale Windkraftanlage? Unterschiede und Vorteile | Klimaworld

Horizontale vs. vertikale Windkraftanlagen 

Wer an kleine (private) Windkraftanlagen denkt, der hat wohl sofort ein Bild von klassischen Windrädern vor Augen. Die Mini-Version der riesenhaften industriellen Anlagen finden sich in zahlreichen Gärten. Sie sind leise, benötigen nicht viel Platz und liefern saubere Energie – ein gutes Rundumpaket. Als zentrales Element befindet sich ein Mast,an dem eine horizontale Achse angebracht ist, an deren Ende wiederum sich drei gegen den Wind gerichtete Rotorblätter befinden. 

Tatsächlich existiert allerdings noch eine zweite Windkraftanlagen-Variante: Und zwar die vertikale Windkraftanlage. Hier sind die Rotorblätter nicht um eine horizontale, sondern um eine – wie der Name bereits verrät – vertikale Achse angeordnet. Optisch ein ganz klarer Unterschied.  

Aber gibt es noch weitere Differenzen zwischen vertikalen und horizontalen Windkraftanlagen? Was sind die Vor- und Nachteile der jeweiligen Varianten? Welche gesetzlichen Regelungen müssen beachtet werden? In diesem Blogbeitrag erfahren Sie alle Gemeinsamkeiten und Unterschiede  beider Anlagentypen.  

> Was sind horizontale Windkraftanlagen? 
> Was sind vertikale Windkraftanlagen?
> Welche Vorteile haben vertikale Windkraftanlagen? 
> Welche Nachteile haben vertikale Windkraftanlagen? 
> Vertikal oder horizontal? Was Sie beim Kauf einer Windkraftanlage unbedingt beachten sollten 

Was sind horizontale Windkraftanlagen? 

Was im ersten Moment hochtechnologisch und kompliziert klingt, ist in Wahrheit nichts anderes als das klassische Windrad, wie wir es alle kennen. Drei Rotorblätter drehen sich im Wind und liefern Strom aus nachhaltiger Produktion. 

Was den Aufbau angeht, ähneln die sogenannten Horizontalachser den traditionellen Windmühlen. Die Rotorblätter drehen sich um eine waagrechte Achse.  

Die wichtigsten Komponenten im Überblick: 

  • Mast: Quasi das Standbein der Anlage, denn er trägt alle weiteren Komponenten. Er ist notwendig, um die Anlage selbst auf die optimale Höhe zu bekommen. Denn Windgeschwindigkeiten nehmen in der Regel mit steigender Entfernung vom Boden zu. 
  • Gondel: An der Spitze des Mastes befindet sich die sogenannte Gondel. In ihr ist der Großteil der Technik verbaut. Ein Getriebe überträgt die Umdrehung des Rotors dabei auf einen Generator. 
  • Verkabelung: Der erzeugte Windstrom muss ins private Netz eingespeist werden. Zu diesem Zweck befindet sich im Inneren des Mastes üblicherweise eine Verkabelung. 

Luv- oder Lee-Läufer? 

Die am weitesten verbreitete Variante der klassischen Windräder sind die Luv-Läufer. Dabei befinden sich die Rotorblätter in Windrichtung vor dem Mast. Damit das stets so bleibt, richtet ein Nachführungssystem die Anlage entsprechend aus. Bei einem Lee-Läufer befinden sich die Rotorblätter hinter dem Mast. 

Was sind vertikale Windkraftanlagen? 

Auch vertikale Modelle machen sich Windkraft zunutze. Allerdings nutzen Sie dafür eine etwas andere Technik. Auch bei ihnen stehen Rotoren im Mittelpunkt, die sich dank der Kraft des Windes um eine zentrale Achse drehen. Diese ist allerdings nicht horizontal ausgerichtet, sondern vertikal. 

Die sogenannten Vertikalachser lassen sich wiederum in diverse Varianten unterteilen, grob gesagt in Widerstands- und Auftriebsläufer. 

Vertikale Widerstandsläufer 

Vertikale Widerstandsläufer existierenbereits seit 1.700 vor Christus. Der vertikal aufgestellte Rotor ist zur Hälfte abgeschattet, dadurch kann der Wind nur auf der anderen Hälfte angreifen und somit den Rotor gezielt antreiben.  

Zu den Widerstandsläufern zählen: 

  • Savonius-Rotor: Er besteht aus zwei oder mehr schaufelförmigen, überlappenden Flügeln. Auf einer vertikalen Achse funktioniert diese Rotor-Art unabhängig von der Windrichtung. Plus: Savonius-Rotoren haben den Vorteil, bereits bei sehr geringen Windstärken anzulaufen. Allerdings können sie maximal nur 15 % der kinetischen Energie des Windes entnehmen (Leistungsbeiwert: 0,15). 
  • Schalenkreuzanemometer: Wird nicht für die Energiegewinnung genutzt (Leistungsbeiwert: 0,08) sondern hauptsächlich für die Messung von Windgeschwindigkeiten.

Vertikale Auftriebsläufer 

Vertikale Auftriebsläufer sind effizienter als Widerstandsläufer, weil sie nicht nur den Windwiderstand nutzen, sondern dank der speziellen Form ihrer Rotoren auch den dynamischen Auftriebseffekt einer Tragfläche.  

Bekannte Auftriebsläufer sind: 

  • Darrieus-Rotor: Die Rotorblätter sind am oberen und unteren Ende der Welle befestigt und ragen bogenförmig nach außen. Die wirkende Zentrifugalkraft erzeugt dabei lediglich Zugspannungen und keine Biegemomente. Da der Rotor zusätzlich durch den Auftriebseffekt angetrieben wird, dreht er sich schneller als ein Savonius-Modell und liefert deshalb eine höhere Ausbeute. 
  • H-Darrieus Rotor: Die Rotorblätter sind nicht gebogen, sondern gerade. Die Optik erinnert an ein „H“, deshalb auch der Name. Sind besonders bei kleinen Anlagen mit niedriger Leistung beliebt, weil sie einfach und kostengünstig zu montieren sind.

Welche Vorteile haben vertikale Windkraftanlagen? 

  • Für alle, die sich bisher noch nie mit vertikalen Windkraftanlagen beschäftigt haben, kommt nun ein kompakter Überblick über die Pluspunkte, die derartige Systeme mitbringen: Keine Windnachführung: Klassische horizontale Windkraftanlagen verfügen über eine sogenannte Windnachführung. Dieses Bauteil ist sorgt dafür, dass sich die Rotorblätter kontinuierlich nach dem Wind ausrichten. So wird immer maximaler Ertrag gewährleistet, da sich die Rotoren selbstständig den Windbedingungen anpassen. Bei vertikalen Systemen ist dieses Feature nicht nötig.
  • Zuverlässig auch bei Turbulenzen: Windkraftanlagen sollten grundsätzlich in Bereichen mit gleichmäßigen Windverhältnissen platziert werden. Dass es in hin und wieder zu Turbulenzen kommen kann, liegt aber in der Natur der Sache. Vertikale Systeme liefern in derartigen Umgebungen zuverlässigere Leistungen als horizontale. 

Welche Turbulenzen können auftreten? 

Nicht nur die Windbedingungen können zu Turbulenzen führen, auch andere Faktoren können die Anlagen leicht belasten. Dazu zählen beispielsweise Verwirbelungen von Wind. Verwirbelungen können entstehen, wenn der Wind auf nahegelegene Gebäude - oder gar andere Windkraftanlagen trifft. Verwirbelungen mindern die Effizenz der Anlage und können den Windfluss entscheidend stören. 

  • Einfache Wartung: Während die wartungsintensiven Komponenten, wie etwa der Generator, bei horizontalen Windkraftanlagen weit oben in der sogenannten Gondel zu finden sind, hat man es da bei einer vertikalen Anlage deutlich einfacher. Hier sind die Bauteile nämlich in Bodennähe verbaut.
  • Geringere Geräuschentwicklung: Da vertikale Windkraftanlagen niedrige Blattgeschwindigkeiten aufweisen, laufen sie deutlich leiser als die meisten horizontalen Systeme. Sie eignen sich deshalb für verhältnismäßig eng verbaute Wohngebiete und urbane Gegenden besser. Einige horizontale Modelle können in Sachen Schallentwicklung aber mithalten.
  • Kein Schatten: Besonders bei tief stehender Sonne können klassische horizontale Windkraftanlagen – und hier speziell die Rotorblätter – einen unschönen Schatten werfen. Bei vertikalen Modellen ist das so gut wie ausgeschlossen.
  • Einfachere Genehmigung: Kein allgemeiner Vorteil, weil sich eine pauschal gültige Aussage hier nicht treffen lässt. Allerdings neigen manche Bauämter eher dazu, eine vertikale Windkraftanlage aufgrund ihrer kompakten und leisen Eigenschafte zu genehmigen als eine horizontale. 

Welche Nachteile haben vertikale Windkraftanlagen? 

Nach all den Vorteilen ist es nun an der Zeit, die Nachteile näher zu beleuchten. Davon gibt es zwar nicht sehr viele, die sind allerdings recht schwerwiegend. 

  • Geringer Wirkungsgrad: Verglichen mit horizontalen Systemen liefern vertikale Windkraftanlagen tatsächlich weniger Strom. Die sogenannte spezifische Leistungsausbeute von Horizontalanlagen liegt bei rund 50 %, jene der vertikalen Modelle bei lediglich 40 %. Allerdings muss man in diesem Fall zwischen vertikalen Savonius- und Darrieus-Rotoren unterscheiden: die Darrieus-Variante dreht sich grundsätzlich schneller und liefert deshalb eine höhere Ausbeute.
  • Geringe Wirtschaftlichkeit: Aufgrund des geringeren Wirkungsgrades haben vertikale Windkraftanlagen einen wirtschaftlichen Nachteil den horizontalen gegenüber. Die Kosten einer durch Windkraft produzierten Kilowattstunde Strom sind deutlich höher als bei horizontalen Modellen.
  • Schwingungsanfällig: Durch die spezielle Bauweise können bei vertikalen Anlagen vermehrt Schwingungen und dadurch Resonanzen des Mastes auftreten. Dadurch leidet die Struktur und kann unter Umständen sogar beschädigt werden. Um das zu verhindern, müssen vertikale Modelle mindestens auf einer Höhe von 20 Metern angebracht werden. Im Landesinneren bzw. in Binnenländern ist dies aufgrund der im Vergleich zu küstennah montierten Anlagen mäßigeren Windsituation ohnehin notwendig, allerdings nicht in allen Umgebungen rechtlich auch zulässig. 

Vertikal oder horizontal? Was Sie beim Kauf einer Windkraftanlage unbedingt beachten sollten 

Ganz egal, ob Sie sich für eine horizontale oder eine vertikale Windkraftanlage entscheiden, gibt es einige gesetzliche Vorschriften, die Sie unbedingt beachten bzw. am besten bereits im Vorfeld in Ihre Überlegungen miteinfließen lassen sollten. Die wichtigsten Fragen im Überblick: 

Benötigen private Windkraftanlage eine Baugenehmigung? 

Für die Installation von Windkraftanlagen für den Privatgebrauch benötigen Sie nur dann keine Baugenehmigung, wenn die Gesamthöhe der Konstruktion die 10-Meter-Marke nicht überschreitet. Zumindest ist dies die Regelung in den meisten Bundesländern. Allerdings sind die potenziellen Erträge in einer derart niedrigen Höhe nicht sonderlich vielversprechend. Je weiter oben, desto stärker der Wind. Für alles über 10 Metern benötigt man allerdings eine Baugenehmigung. Da das Baurecht in Deutschland Ländersache ist, sollten Sie sich vor dem Kauf unbedingt mit dem zuständigen Amt in Verbindung zu setzen. 

Richtiger Grundstückstyp? 

Windkraftanlagen dürfen nicht überall auf Ihrem Grundstück errichtet werden. So gibt es etwa Wohngebiete, Außenbereiche oder Mischgebiete. Üblicherweise dürfen die Anlagen nur außerhalb geschlossener Ortschaften und Wohngebiete errichtet werden. Ob das in Ihrem Fall zutrifft, kann Ihnen nur das zuständige Bauamt sagen. 

Welche Abstände müssen bei Windkraftanlagen eingehalten werden? 

Für Windkraftanlagen gelten Mindestanforderungen bezüglich der Abstände zu Nachbargrundstücken und Gebäuden. Diese variieren allerdings von Bundesland zu Bundesland. Neben der rechtlichen Verpflichtung ist der passende Abstand auch aus technischer Sicht sinnvoll. Die Anlagen benötigen ausreichend freie Fläche, um gut im Wind stehen zu können. 

Ein kleines Beispiel aus der Praxis zum besseren Verständnis: Die Musterbauordnung verlangt eine Tiefe der Abstandsfläche von 0,4 H aber mindestens 3 m. H steht dabei für die Höhe der Kleinwindanlage. In Bayern ist zum Beispiel ein Abstand von 1 H gefordert. Wer nun also über eine Windkraftanlage mit einer Höhe von 10 m verfügt, der muss diese mindestens 10 m entfernt vom nächsten Grundstück aufstellen. (Anlagenhöhe: 10 m, 1 H = 10 m, Abstand = 1 H, Abstand = 10 m). 

Wie groß darf eine Windkraftanlage im Garten sein? 

Die maximale Höhe einer privaten Kleinwindanlage liegt in Deutschland bei 50 Metern. Alles darüber gilt bereits als Großwindkraftanlage. Als höchster Punkt wird dabei die höchste Flügelspitze herangezogen. Wirklich erreicht wird diese Grenze in der Praxis lediglich von gewerblichen Kleinwindkraftanlagen ab einer Leistung von ca. 30 kW. 

Die tatsächlich realisierbare Höhe auf privat genutzten Grundstücken oder in Wohngebieten hängt von der Grundstücksgröße und dem Abstand zum Nachbarn ab. Höher als 20 Meter wird eine Windkraftanlage dabei nur selten. Bei kleineren Grundstücken mit Nachbarn in der Nähe liegt die Grenze in der Praxis meist bei 10 Metern. Eine endgültige Entscheidung treffen die Vertreter des Bauamtes vor Ort durch eine Begehung. 

Vertikale vs. horizontale Windkraftanlagen: Fazit 

Was die tatsächliche Verbreitung in Deutschland angeht, können vertikale Windkraftanlagen mit der waagrechten Variante definitiv nicht mithalten. Die klassischen Windräder sind um ein Vielfaches häufiger anzutreffen. Allerdings bringen die Vertikalachser doch einige spezifische Vorteile mit. Wer also mit dem Gedanken spielt, eine private Windkraftanlage im Garten oder auf dem Dach zu montieren, der sollte sich unbedingt mit beiden Varianten eingehender beschäftigen. 

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