Mieterstrom – Was ist das und wie funktioniert’s? | Klimaworld

Mieterstrom – Alle Infos rund um das Gemeinschaftsmodell 

In der Vergangenheit war die Nutzung von selbstproduziertem Solarstrom in großen Mengen praktisch nur Hausbesitzern vorbehalten. Es bestand zwar die Möglichkeit für Vermieter, selbstständig Solarstrom zu produzieren und zu nutzen, von einer wirtschaftlichen Rentabilität war das Modell aber weit entfernt. Das hat sich mit der Einführung des Mieterstroms geändert. Anfang des Jahres 2023 wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) dahingehend angepasst, dass die Umsetzung des Mieterstrom-Modells in der Praxis deutlich einfacher ist. 

Von Mieterstrom profitieren sowohl Mieter als auch Vermieter. Dieser Artikel stellt Ihnen die Vor- und Nachteilen des Modells vor, welche Fördermöglichkeiten es gibt und welche zwei grundlegenden Optionen Vermieter besitzen.  Außerdem finden Sie hier  die wichtigsten Änderungen am EEG zusammengefasst, die das Thema Mieterstrom betreffen. 

> Was ist Mieterstrom? 
> Wie funktioniert das Mieterstrom-Modell in der Praxis?
> Mieterstrom: Weitere Vorteile 
> Mieterstrom: Das sollten Sie als Mieter wissen 
> Gibt es gesetzliche Förderungen für Mieterstrom? 
> Mieterstrom: Die wichtigsten Änderungen im EEG 2023 

Was ist Mieterstrom? 

Mieterstrom bezeichnet ein Modell, bei dem mit einer Photovoltaikanlage auf dem Gebäude oder im unmittelbaren räumlichen Umfeld Strom erzeugt wird, der dann direkt an die Mieter im selben Gebäude oder Gebäudekomplex geliefert wird. Eine Weiterleitung über öffentliche Netze ist im Mieterstrom-Konzept nicht vorgesehen. Dadurch entfallen Netzentgelte, Umlagen und Steuern. Der selbst erzeugte und direkt verbrauchte Strom ist  günstiger als jener, der über das Netz bezogen wird. Zudem gibt es für dieses Modell von staatlicher Seite umfassende Förderungen.Dieses Modell ermöglicht es, Strom lokal zu produzieren und zu verbrauchen, wodurch Transportverluste minimiert und der Einsatz erneuerbarer Energien gefördert wird. 

Mieterstrom aus anderen Quellen 

Grundsätzlich gibt es auch andere Arten der Stromproduktion, die für das Mieterstrom-Modell infrage kommen. In der Praxis werden dafür etwa Blockheizkraftwerke sowie Windkraft- oder Bioenergieanlagen eingesetzt. Allerdings gibt es für diese Modelle keine Förderungen. 

Wie funktioniert das Mieterstrom-Modell in der Praxis?

Der Vermieter kann sich zwischen zwei unterschiedlichen Mieterstrom-Modellen entscheiden: Die Enabling- oder die Contracting-Variante. Ausgehend von dieser Entscheidung kommen verschieden Pflichten auf ihn zu. Die beiden Optionen im Detail: 

Mieterstrom-Enabling 

Der Vermieter betreibt die Photovoltaikanlage (oder das Blockheizkraftwerk) selbst, übernimmt die Finanzierung und verkauft den Solarstrom in seiner Rolle als Energiedienstleister an die Mieter – sofern diese das Angebot annehmen. Beim Enabling muss der Vermieter über eine gewisse finanzielle Stütze sowie das nötige Know-how verfügen. Um die Stromversorgung seiner Mieter jederzeit garantieren zu können, muss er mit einem Energieversorger zusammenarbeiten, der einspringt, wenn die PV-Anlage nichts liefert und die Speicher leer sind. 

Vorteile des Mieterstrom-Enablings 

Nachteile des Mieterstrom-Enablings 

  • Vermieter kann Förderungen in Anspruch nehmen (Mieterstromzuschlag, Einspeisevergütung) 
  • Günstiger Solarstrom für Mieter 
  • Steigerung des Immobilienmarktwerts durch PV-Anlage 
  • Vermieter muss Finanzierung selbst übernehmen 
  • Vermieter muss für sicheren Betrieb, regelmäßige Wartung und den Stromverkauf sorgen 
  • Vermieter trägt das finanzielle Risiko, falls Mieter den Solarstrom nicht möchten 
  • Vermieter benötigt breites Know-how rund um rechtliche und energiewirtschaftliche Anliegen 

Mieterstrom-Contracting 

Contratcting ist aus Vermietersicht die unkompliziertere Variante. In diesem Fall lagert er nämlich alle organisatorischen Dinge an den Mieterstrom-Contractor aus. Dabei handelt es sich üblicherweise um ein Energiedienstleistungsunternehmen. Dieses kümmert sich um die Finanzierung, die Montage sowie den Betrieb der PV-Anlage und übernimmt außerdem noch die nötige Vermarktung des Stroms. Einzige Aufgabe des Vermieters: Er verpachtet die Fläche, auf der die Anlage montiert wird, an den Contractor.

Vorteile des Mieterstrom-Contractings 

Nachteile des Mieterstrom-Contractings 

  • Weniger Aufwand für Vermieter, da der Contractor alle wesentlichen Aufgaben übernimmt 
  • Kein Investitionsrisiko für Vermieter 
  • Zusätzliche Einnahmen für Vermieter durch die Pacht 
  • Nutzung von lokal erzeugtem grünem Strom 
  • Keine Förderung für den Vermieter 
  • Relativ gesehen lange Vertragslaufzeit 
  • Rendite für Vermieter unterm Strich geringer 

Mieterstrom: Weitere Vorteile 

Nach dieser ersten groben Übersicht über die Vor- und Nachteile des Mieterstrom-Modells gibt es noch weitere Punkte von denen Vermieter und Mieter profitieren. 

  • Behördliche Anrechnung: Der an der Immobilie erzeugte und genutzte Solarstrom wird bei der energetischen Beurteilung des Gebäudes hinsichtlich der Energieeinsparverordnung angerechnet.
  • Niedrigere Kosten: Da keine öffentliche Infrastruktur genutzt werden muss, um den erzeugten Strom zum Kunden zu bringen, entfallen zahlreiche Abgaben (Steuern, Entgelte, Umlagen etc.). Dazu wirkt sich der Mieterstromzuschlag ebenfalls kostenmindernd aus. Expertenschätzungen zufolge liegt der Mieterstromtarif zwischen 10 und 20 % unter dem Grundversorgertarif des regionalen Stromanbieters. 

Gesetzliche Regelung bei EEG-Förderung 

Im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist unter § 42 a klar geregelt, dass der Mieterstromtarif lediglich 90 % des örtlichen Grundversorgungstarifs ausmachen darf, wenn die zur Stromherstellung genutzte Anlage mit einem EEG-Mieterstromzuschlag gefördert wird. 

  • Nachhaltigkeit: Photovoltaik  zählt zu den umweltfreundlichsten Energiegewinnungsarten überhaupt. Bei der Produktion entstehen keinerlei Emissionen, die Nutzer leisten ihrerseits einen Beitrag zum Klimaschutz.
  • Keine zusätzliche Versiegelung: Unzählige Dachflächen und Außenwände sind in Deutschland  für die Montage von PV-Modulen geeignet. Hier liegt enorm viel Potenzial brach. Werden diese Bereiche durch Mieterstromprojekte besser genutzt, müssen deutlich weniger Solarparks auf grünen Wiesen gebaut werden, was wiederum die Versiegelung von Böden verringert.
  • Kombinationsmöglichkeiten: Der erzeugte Solarstrom lässt sich nicht nur im Haushalt einsetzen. Möglich ist zum Beispiel eine Kombination mit Elektromobilität. Wer das Dach eines Carports mit einer Fläche von 3x6 Metern für eine PV-Anlage nutzt, kann so viel Solarstrom erzeugen, dass er damit rund 10.000 km pro Jahr im Kleinwagen zurücklegen kann. 

Mieterstrom: Das sollten Sie als Mieter wissen 

In Deutschland besteht Wahlfreiheit hinsichtlich der Stromversorgung. Das heißt, Sie können selbst entscheiden, von welchem Anbieter Sie Ihren Strom beziehen. Das trifft auch dann zu, wenn Ihr Vermieter selbstproduzierten PV-Strom anbietet. Als Mieter sind Sie nicht verpflichtet, diesen zu beziehen. Außerdem ist eine Kopplung an den Mietvertrag rechtlich nicht zulässig (Ausnahme: zeitlich begrenzte Vermietung oder Plätze in Alten-/bzw. Studentenheime). 

Was, wenn der Mieterstrom nicht ausreicht? 

Dass die PV-Anlage nicht ausreichend Mieterstrom für alle Vertragspartner produziert, ist kein abwegiges Szenario. Das kommt durchaus immer wieder einmal vor. In so einem Fall bleiben die Wohnungen der Mieter aber garantiert nicht dunkel und kalt. Hier springt der klassische Stromanbieter ein und versorgt die Kunden mit Energie aus dem öffentlichen Netz. 

Gibt es gesetzliche Förderungen für Mieterstrom? 

Der Gesetzgeber fördert den Ausbau des Mieterstromkonzepts mit dem sogenannten Mieterstromzuschlag. Er gilt für die Dauer von 20 Jahren und wird dem Betreiber der Anlage für jede Kilowattstunde ausbezahlt, die über die jeweiligen Benutzungsverträge an die Endverbraucher geht. Gibt es einen Strom-Überschuss, wird dieser ins allgemeine Stromnetz eingespeist und der Betreiber erhält dafür eine Einspeisevergütung. 

Sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind, kann der Anlagenbetreiber (bzw. der Anbieter des Mieterstromtarifs) eben jenen Zuschlag vom Netzbetreiber verlangen. Die wichtigsten Punkte dafür sind: 

  • Montage-Ort: Die PV-Anlage muss auf, an oder in einem Gebäude installiert sein.
  • Abnehmer: Der erzeugte Solarstrom darf lediglich an Verbraucher im selben Gebäude oder im selben Quartier geliefert werden. Muss er für die Distribution durch das öffentliche Netz geleitet werden, verfällt der Anspruch auf den Mieterstromzuschlag.

Die Höhe des Mieterstromzuschlags wurde zunächst bis 31. Januar 2024 eingefroren, ist nach Anlagenleistung gestaffelt und sieht aktuell folgendermaßen aus: 

  • Bis 10 kW: 2,67 Cent/kWh 
  • Bis 40 kW: 2,48 Cent/kWh 
  • Bis 1 MW: 1,67 Cent/kWh 

Mieterstrom: Die wichtigsten Änderungen im EEG 2023 

So einfach und einleuchtend das Mieterstrom-Modell in der Theorie auch wirkt, in der Praxis stößt es immer wieder an seine Grenzen. Potenziell interessierte Menschen wurden bisher oftmals von scheinbar unüberwindbaren bürokratischen Hürden abgeschreckt. Aus diesem Grund kommt es rund um das Mieterstromgesetz regelmäßig zu Neuerungen. Die letzte Überarbeitung trat dabei erst mit 1. Januar 2023 in Kraft.  

Die relevantesten Neuerungen für Sie zusammengefasst: 

  • Keine Obergrenze mehr: Seit der Einführung des EEG 2023 gibt es für Mieterstromprojekte keine Obergrenze mehr, was die Leistung der PV-Anlagen angeht. Früher lag der Maximalwert für förderungsfähige Anlagen bei 100 kW. Der Mieterstromzuschlag wird nun bis zu einer Anlagenleistung von 1 Megawatt (MW) ausbezahlt.
  • Lokalisation nicht mehr relevant: In Zukunft spielt es keine Rolle mehr, ob alle Module einer Photovoltaik-Anlage auf einem Gebäude zentriert oder auf mehrere Dächer verteilt angeordnet sind. Die sogenannten Quartierlösungen machen es sogar möglich, Mieterstrom in Objekten zu nutzen, die gar nicht selbst über eine PV-Anlage verfügen, sondern sich lediglich im Umfeld einer entsprechenden Anlage befinden.
  • Keine Umlagen mehr: Durch den Wegfall des Energiefinanzierungsgesetzes werden auch die EEG-Umlage und andere für Stromlieferungen innerhalb von Gebäude- und Arealnetzen relevanten Umlagen nicht mehr zu zahlen sein.
  • Bundesnetzagentur beschließt Zuschlagshöhe: Bisher war die Höhe des Mieterstromzuschlags direkt im EEG geregelt war. Ab sofort legt die Bundesnetzagentur die Werte fest und veröffentlich sie auf ihrer Website. 
  • Kombimodell möglich: Ab nun können zwei PV-Anlagen auf einem Dach verbaut werden. Eine für Mieterstrom und eine für die Volleinspeisung. Experten kritisieren das Modell aber als „praxisfern“.
  • Informationspflicht: Bisher mussten Mieterstromprojekte oft sehr lange auf einen Netzanschluss warten. Die Netzbetreiber ließen sich bei Anfragen Zeit mit der Beantwortung. Nun sind sie gesetzlich dazu verpflichtet, innerhalb eines Monats auf Netzanschlussfragen zu reagieren – und zwar mit einer Liste spezifischer Informationen und einem Zeitplan. Verstreicht die Frist ohne Antwort, darf der Anlagenbetreiber eigenständig anschließen.
  • Geänderte Vergütungen und Prämien: Tatsächlich gilt diese Änderung schon etwas länger (August 2022), sie ist allerdings sehr weitreichend. Wird der gesamte Solarstrom einer Anlage ins Netz eingespeist, gibt es eine deutlich höhere Vergütung, als wenn nur die überschüssige Energie ins öffentliche Netz weitergeleitet wird. Theoretisch ist es aber weiterhin möglich, jährlich zwischen Voll- und Teileinspeisung zu wechseln. Dieser Umstand bringt eine gewisse finanzielle Sicherheit für die Vermieter rund um die Installierung einer PV-Anlage. 

Mieterstrom: Fazit 

Die Änderungen am EEG haben das Mieterstrom-Modell für viele Interessierte deutlich sinnvoller gemacht. Der Abbau einiger bürokratischer Hürden wird dabei helfen, den Bekanntheitsgrad dieser Option zu nochmals zu steigern und die Quote von selbst erzeugtem Solarstrom auch in Mietverhältnissen deutlich anzuheben.  

Allerdings ist noch nicht alles eitel Sonnenschein. Experten sehen zwar Verbesserungen, hätten sich aber mehr Mut und weitreichendere Anpassungen gewünscht. Grundsätzlich ist das Mieterstrom-Modell allerdings eine hervorragende Sache für all jene, die gerne selbst produzierten Solarstrom nutzen würden, aber nicht die Möglichkeit einer eigenen PV-Anlage besitzen.

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