Graue Energie in der Photovoltaik | Klimaworld

Graue Energie in der Photovoltaik: Was steckt dahinter und welche Rolle spielt sie? 

Energie existiert in den unterschiedlichsten Formen. Im Alltag begegnet uns bereits eine Vielzahl davon – so hat wohl jeder schon mal von Bewegungsenergie, Wärmeenergie, oder Reibungsenergie gehört.. Aber was steckt hinter dem Begriff der “grauen Energie”? Und was hat das Ganze mit der Photovoltaiktechnologie zu tun? Der vorliegende Blogbeitrag liefert Antworten auf diese Fragen und weitere interessante Informationen rund um dieses Thema. 

> Was genau ist graue Energie? 
> Graue Energie in der Photovoltaik: Eine Analyse
> Graue Energie in der Photovoltaik: Wie lässt sie sich reduzieren? 
> Graue Energie: Wie sieht es mit der Entsorgung von Photovoltaikanlagen aus? 

Was ist graue Energie? 

Was im ersten Moment nach Science-Fiction oder Esoterik klingt, hat mit beiden Bereichen nicht das Geringste zu tun. Bei grauer Energie handelt es sich ganz einfach um jene Energie, die ein Produkt während seines gesamten Lebenszyklus verbraucht. 

Dieser Zyklus lässt sich in folgende Phasen oder Abschnitte unterteilen: 

  • Herstellung 
  • Transport 
  • Lagerung 
  • Verkauf 
  • Entsorgung 

Graue Energie vs. Energiebilanz 

Das Prinzip der grauen Energie klingt auf den ersten Blick verdächtig ähnlich wie das der Energiebilanz. Allerdings sind die beiden Begriffe nicht deckungsgleich. Die Energiebilanz hat nichts mit dem Lebenszyklus von Produkten zu tun, sondern gibt vielmehr Auskunft über die verschiedenen Arten von Energieträgern: Wie viel Energie ist zu ihrer Erzeugung nötig, wie viel für die Umwandlung und wie viel für die Verwendung. Die Energiebilanz von Braunkohle ist zum Beispiel schlechter als jene von Windstrom. 

Das mag zunächst etwas abstrakt wirken, weshalb im Folgenden jeder einzelne Punkt erklärt und anschließend mit einem Beispiel verdeutlicht wird. 

  • Herstellung: Hier sind alle Komponenten zusammengefasst, die für die Produktion eines Gegenstands benötigt werden. Dazu gehören etwa Rohstoffe und deren Gewinnung, die notwendigen Maschinen und die für die Bedienung notwendige Arbeitskraft. 
  • Transport: Wie gelangen die Rohstoffe zur Fertigungsanlage? Wie kommt das fertige Produkt in die Läden? Jegliche Energie, die dafür aufgewendet wurde, fließt ebenfalls in die Gesamtsumme ein. 
  • Lagerung: Bevor sie tatsächlich verkauft bzw. ausgeliefert werden, liegen die meisten Produkte einige Zeit in einem Lager. Wie groß ist der Flächenbedarf? Benötigt das Produkt ein bestimmtes Raumklima? Wie viel Strom muss für ideale Lagerbedingungen aufgewendet werden? 
  • Verkauf: Produkte verkaufen sich nicht von selbst, es bedarf entsprechender Präsentationsräume und Menschen, die potenzielle Kunden dafür begeistern. Auch hier kommt eine nicht unerhebliche Menge an Energie (Strom für Licht und Heizung, Wasser, eventuell Flüssig- oder Festbrennstoffe) zustande. 
  • Entsorgung: Nichts hält ewig. Jedes noch so gute Produkt erreicht irgendwann das Ende seiner Lebensdauer. Je nach Art des Erzeugnisses ist eine mehr oder weniger aufwändige Entsorgung nötig. Je komplizierter sich diese gestaltet, desto energieintensiver ist sie auch. 

Praxisbeispiel graue Energie: Die Jeans 

Wenn wir eine neue Jeans im Laden kaufen, ist die einzige Zahl, die uns wichtig erscheint, der Preis. Je günstiger, desto besser. Wir vergessen dabei aber, wie viel Energie verbraucht wurde, bis die Jeans überhaupt im Regal liegt. Und das ist gar nicht so wenig. Der Verbrauch liegt bei mehr als 40 kWh. Zur einfacheren Einordnung: Mit dieser Menge könnten Sie ungefähr 400 Stunden lang fernsehen. Diese Faktoren tragen zum Ergebnis bei: 

  • Herstellung: Die Baumwolle muss gepflückt und verarbeitet werden, dazu kommen weitere Komponenten wie Nieten, Reißverschlüsse und/oder Knöpfe. 
  • Transport: Es ist natürlich schwer, an dieser Stelle eine allgemeingültige Zahl zu nennen, aber alle Komponenten einer Jeans legen gemeinsam durchschnittlich eine Strecke von ca. 20.000 km zurück, bis wir das Endprodukt kaufen können. 
  • Lagerung/Verkauf/Entsorgung: Lagermitarbeiter verstauen die Jeans in einem Lager, in dem gute Bedingungen herrschen müssen. Verkaufspersonal verkauft die Jeans dann auch an Kundinnen und Kunden. Hat die Hose das Ende ihrer Lebensdauer erreicht, wird sie entsorgt. Auch wenn das in diesem Fall nicht sonderlich kompliziert ist und über den Restmüll gemacht werden kann, benötigen Müllabfuhr und Müllentsorgung ebenfalls Energie.

Graue Energie in der Photovoltaik: Eine Analyse 

Eine Photovoltaikanlage besteht aus einer Vielzahl an unterschiedlichen Komponenten. Um diese herzustellen, zusammenzufügen, zu transportieren, zu montieren und zu entsorgen, ist eine große Menge an Energie nötig. Das Gute an einer Photovoltaikanlage: Sie verbraucht nicht nur Energie, sie erzeugt auch welche. Anders als etwa Schokolade, Fußballschuhe, Eishockeyschläger oder Smartphones erreicht eine PV-Anlage auch einmal den Punkt des sogenannten”Break-even”. Das heißt, sie hat mehr Energie erzeugt, als im Rahmen ihrer Produktion, Auslieferung und Montage verbraucht wurde. Und bis dieser erreicht ist, dauert es gar nicht so lange. 

Die Züricher E2 Management Consulting AG hat konkret ausgerechnet, wann sich eine PV-Anlage energietechnisch amortisiert: 

  • Die Herstellung aller Komponenten eines Photovoltaik-Moduls – sofern sämtliche Arbeiten in Europa durchgeführt werden – benötigt graue Energie im Ausmaß von ca. 900 Kilowattstunden pro Quadratmeter (kWh/m²). Durchschnittlich produziert dieses PV-Modul jährlich 185 kWh/m². Dabei reduziert es einer Berechnung des Paul-Scherer-Instituts zufolge den Einsatz fossiler Energieträger zur Stromgewinnung um das 3,1-fache. 
  • Geht man nun von einem PV-Modul mit einer Grundfläche von 1 m² aus, spart dieses jährlich Energie im Ausmaß von 574 kWh ein (3,1 x 185 = 574). Der Punkt, an dem sich das PV-Modul energietechnisch amortisiert hat, ist somit nach gut 1,5 Jahren erreicht (900/574 = 1,57). 
  • Moderne Photovoltaikmodule erreichen eine Betriebsdauer von ca. 30 Jahren. Während dieser Zeit spart es bis zu 20-mal jene Menge an Energie ein, die als graue Energie aufgebracht werden musste. 

Diese beeindruckenden Werte gelten jedoch nur, wenn auf Module aus europäischer Herstellung gesetzt wird. Ein Solarmodul aus China weist dagegen aufgrund des langen Transportweges eine schlechtere Bilanz auf. Es muss durchschnittlich 2,2 Jahre arbeiten, um seine graue Energie zu amortisieren.  

Graue Energie in der Photovoltaik: Wie lässt sie sich reduzieren? 

Als Kunde haben Sie prinzipiell keinen Einfluss auf die Produktionsweise Ihrer neuen Photovoltaikanlage. Das Unternehmen fertigt ihre Komponenten auf die Art und Weise an, die für sie persönlich und wirtschaftlich am besten sind. Gänzlich sind Ihnen die Hände aber nicht gebunden. Eine Möglichkeit haben Sie, um Ihren Verbrauch an grauer Energie beim PV-Anlagenkauf zu senken: Achten Sie darauf, Ihre neue Photovoltaikanlage nur von Anbietern zu kaufen, die bereits bei der Produktion auf erneuerbare Energien zurückgreifen. Idealerweise kommt Ihre neue Anlage von einem Unternehmen, das ebenfalls auf Photovoltaik setzt und seinen Strom in großem Umfang selbst produziert. Dadurch lässt sich die Menge an grauer Energie erheblich senken. 

Solarmodule von europäischen Herstellern punkten darüber hinaus mit kürzeren Transportwegen und hohen Herstellungsstandards. 

Graue Energie: Wie sieht es mit der Entsorgung von Photovoltaikanlagen aus? 

Hat die Photovoltaikanlage das Ende ihrer Lebensdauer erreicht oder wurde sie so stark beschädigt, dass sie nicht mehr repariert werden kann, muss sie entsorgt werden. Auch hierfür wird (graue) Energie benötigt. 

Zur wirklichen Umweltbelastung wird die Entsorgung von PV-Anlagen allerdings nicht. Denn: Die Hauptkomponenten Glas, Aluminium und Kunststoffe können mit dem heutigen Stand der Technik problemlos recycelt werden können. 

  • Glas: Kann aktuell noch nicht rückstandsfrei vom Laminat getrennt werden, deshalb erfolgt hauptsächlich eine Weiterverarbeitung zu Schaumglas. An einer sauberen Trennung wird gearbeitet, die Verfahren sind aber noch nicht ausgereift. 
  • Aluminium: Der Alurahmen des PV-Moduls wird vom Rest der Anlage getrennt und ganz einfach als Alt-Alu wiederverwertet. 
  • Kunststoffe: Auch Polymere lassen sich heute problemlos wiederaufbereiten und recyceln.

Die Wiederverwertungsquote von Solaranlagen liegt heute bei rund 95 %. Aber Vorsicht: In einem PV-System befinden sich auch Bestandteile wie Cadmium, Blei, Kupfer, Zink, Silber oder Silizium. Diese Stoffe lassen sich nicht wieder in einen Produktionskreislauf einführen, sondern müssen gezielt extrahiert und den Vorschriften entsprechend bzw. umweltgerecht entsorgt werden. Deshalb sollte die Demontage ausgedienter Solarmodule immer nur von Profis durchgeführt werden. 

Graue Energie in der Photovoltaik: Fazit 

Wie bei jedem anderen Konsumgut, ist auch bei einer Photovoltaikanlage ein gewisses Maß an Energie für die Herstellung, die Auslieferung, den Verkauf, die Montage und die Entsorgung nötig. Zusammengefasst wird diese Menge unter dem Schlagwort „graue Energie“. Eine PV-Anlage hat nun gegenüber anderen Produkten den großen Vorteil, dass sie nicht nur Energie verbraucht, sondern auch welche produziert. Und das tut sie dank technologischer Sprünge immer besser und besser. Im Durchschnitt amortisiert sich ein PV-System nach gut 1,5 Jahren. Die Frage der grauen Energie in der Photovoltaik kann also mit einem zufriedenstellenden Ergebnis beantwortet werden. Unterm Strich liefert eine PV-Anlage um ein Vielfaches mehr Energie, als sie im Laufe ihres Lebens benötigt. Wenn Sie mehr zu diesem Thema wissen möchten, finden Sie im Blogbeitrag "Ökobilanz von Photovoltaik" weitere Fakten über die Umweltverträglichkeit von PV-Modulen. 

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