Degradation Photovoltaik und Leistungsverlust: Warum und was tun? | Klimaworld

Degradation Photovoltaik: Schleichender Leistungsverlust der Solaranlage

Es ist ein Phänomen, mit dem sich jeder Besitzer von Photovoltaikanlagen früher oder später auseinandersetzen muss. Die Degradation. Zwar besticht die Technik besonders durch ihre Langlebigkeit, mit der Zeit liefern Solarzellen aber immer weniger Leistung. Woran das liegt und welche Gegen- bzw. Vorsichtsmaßnahmen Sie ergreifen können, erfahren Sie in diesem Artikel.

> Was passiert bei der Degradation von Solarzellen?
> Wie hoch sind die Verluste durch die Ertragsminderung?
> Degradation von Kristallzellen
> Degradation von Dünnschichtzellen
> Gibt es noch andere Gründe für Leistungsschwund außer Degradation?
> Wie berechnet man die Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen, die von Degradation betroffen sind?
> Welche weiteren negativen Alterungseffekte gibt es noch?
> Was tun, wenn eine Ertragsminderung entdeckt wird?

Was passiert bei der Degradation von Solarzellen?

Die Solarzellen einer Photovoltaikanlage sind, wie alle anderen Materialien auf dieser Erde, einem Alterungsprozess ausgesetzt. Während er in einigen Fällen deutlich sichtbar abläuft, fällt er im Fall der Photovoltaik meist nicht auf, führt aber dennoch zu einer Ertragsminderung, weshalb diese auch als schleichend bezeichnet wird.
Was passiert bei der Degradation nun genau in der Solarzelle? Durch die (gewollte) Sonneneinstrahlung auf die Paneele steigt die Temperatur im Inneren teilweise auf bis zu 70 °C an. Das hinterlässt Spuren. Mit der Zeit entstehen kristalline Verhärtungen im Halbleitermaterial. Die sind wiederum verantwortlich für die Drosselung des Elektronenflusses. Und daraus ergibt sich die schleichende Ertragsminderung.
Die Entstehung derartiger Verhärtungen ist unumkehrbar, ihre Entfernung bzw. die Behebung des Fehlers unrentabel. Was äußerst drastisch klingt, ist in der Praxis allerdings weit weniger einschneidend.  Leistungsverlust Solaranlage: Eine Frage der Zeit

Wie groß sind die Verluste durch die schleichende Ertragsminderung?

Die Photovoltaik ist eine ausgesprochen langlebige Technik. Daran ändert auch die Degradation nichts. Tatsächlich halten sich die Einbußen hinsichtlich des Ertrages in sehr engen Grenzen. Allerdings sind die Werte abhängig von der in der Anlage verwendeten Technologie. Zwischen kristallinen Zellen und Dünnschichtzellen besteht dahingehend ein großer Unterschied.

Degradation bei kristallinen Photovoltaikzellen:

Herstellerseitig ist meist von einer Maximalleistung von 80 % nach 20-25 Betriebsjahren die Rede. Allerdings haben Untersuchungen gezeigt, dass sich die Einbußen im angegebenen Zeitraum meist nur zwischen 10 und 13 % bewegen.
Nach Inbetriebnahme kristalliner Module kommt es unweigerlich zur sogenannten Anfangsdegradation oder auch „lichtinduzierten Alterung“. Dabei sinkt die Leistungsfähigkeit um 1 bis 2 %. Dieser Umstand ist bei den herstellerseitigen Angaben hinsichtlich des Wirkungsgrades allerdings bereits eingerechnet. Theoretisch bringen derartige Module unter optimalen Bedingungen in den Anfangstagen sogar über 100 % der zu erwartenden Leistung.

Degradation bei Dünnschichtzellen:

Bei den im Dünnschichtverfahren hergestellten Solarzellen ist die Anfangsdegradation deutlich ausgeprägter als bei ihren kristallinen Kollegen. Die geht in den ersten Wochen und Monaten vergleichsweise rasant vonstatten (teilweise werden Werte von bis zu 25 % Ertragsminderung erreicht), bremst sich nach den ersten 1.000 Stunden Sonneneinstrahlung allerdings ein. Im weiteren Verlauf schreitet sie mit derselben Geschwindigkeit voran wie die Degradation bei kristallinen Zellen.

Trivia:
Verantwortlich für die zunächst rapide Degradation bei Dünnschichtzellen ist der sogenannte Staebler-Wronski-Effekt. Der beschreibt die ausschließlich bei amorphen Zellen auftretende Variante der lichtinduzierten Degradation. Durch die Sonneneinstrahlung werden Wasserstoffatome von Siliziumatomen gelöst, wodurch Löcher im amorphen Material entstehen und die Leistung sinkt. Eine schlüssige Erklärung für den Effekt haben seine Entdecker (Staebler und Wronski) nicht liefern können. Auch keinem anderen Wissenschaftler ist dies bis heute gelungen.

Gibt es neben der Degradation noch andere Gründe für Leistungsminderung?

Die Degradation ist tatsächlich nicht das einzige Phänomen, welches dafür sorgt, dass der Ertrag aus der PV-Anlage langsam, aber stetig sinkt. Das Abreißen der sogenannten Zellverbinder trägt ebenso dazu bei, dass das Solarmodul nicht mehr so effizient arbeitet wie noch zu Beginn. Um nun zu verstehen, was da innerhalb der PV-Anlage passiert, ist es hilfreich zu wissen, was die Zellverbinder überhaupt sind.
Zwar gab es auch auf diesem Gebiet zuletzt vielversprechende Weiterentwicklungen, in der Vergangenheit wurden die Zellen innerhalb eines Solarmoduls allerdings stets mit Zellverbindern verbunden. Dabei handelt(e) es sich üblicherweise um lotbeschichtete Kupferbändchen. Die verfügen über einen leicht anderen Ausdehnungskoeffizienten als die Solarzellen selbst. PV-Anlagen müssen mit großen Temperaturunterschieden zurechtkommen. Im Falle eines Sommergewitters werden die zuvor aufgeheizten Elemente beispielsweise innerhalb kürzester Zeit deutlich abgekühlt. Daraus ergeben sich Spannungen zwischen Zellen und Zellverbindern. Dazu kommt die Belastung der PV-Anlage durch die UV-Strahlung, die wiederum auch zu einem Abreißen der Verbinderbändchen führen kann.
Wir haben es hier mit einem schleichenden Prozess zu tun, der zunächst in den allermeisten Fällen unentdeckt bleibt. Abhilfe kann hier nur ein Monitoring-System liefern. Die Leistungsminderung ist mit 1,5 % jedenfalls überschaubar. Allerdings kann es in seltenen Fällen an den betroffenen Stellen zu starker Wärmeentwicklung und sogar zu Bränden kommen. Meist hilft übrigens nur noch der Austausch der schadhaften Module.

Berechnung der Wirtschaftlichkeit mit Degradation der Photovoltaik-Anlage

Wer sich für die Montage einer Photovoltaikanlage entscheidet, der möchte wissen, ab welchem Zeitpunkt seine Anlage profitabel arbeitet. Im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ist dieser durchaus exakt zu ermitteln. Bei der Gegenüberstellung von Investitionssumme, jährlichem Stromertrag und daraus entstehenden Einnahmen (Stichwort: Einspeisevergütung) muss auch die Degradation miteinberechnet werden.
Im Fall von kristallinen Zellen beträgt die schleichende Ertragsminderung jährlich rund 0,5 %. Nach 20 Jahren ergibt das eine Degradation von rund 10 %. Bei amorphen Zellen kommt ein anderes Rechenmodell zum Einsatz. Hier ist die anfängliche Degradation beträchtlich, liegt zwischen 10 und 20 %, bleibt dafür aber in den Folgejahren konstant niedrig. Die Hersteller beziehen sich in ihren sehr konservativ gerechneten Angaben zur Degradation meist auf einen Zeitraum von 20 Jahren. In der Realität sind PV-Anlagen zwischen 35 und 40 Jahren rentabel zu betreiben.

Info: Was ist die Einspeisevergütung?
Die Einspeisevergütung ist jener Betrag, den der Betreiber einer Photovoltaikanlage von staatlicher Seite für die Einspeisung seines selbst erzeugten Stromes in das öffentliche Netz erhält.

Weitere negative Alterungseffekte bei Solarzellen

Nicht nur die Zellen einer PV-Anlage nutzen sich mit den Jahren ab. Ähnliche Effekte sind auch bei anderen Komponenten zu beobachten. Beispielsweise beim Wechselrichter. Auch dessen Austausch muss in die Wirtschaftlichkeitsprüfung miteinbezogen werden. Die Einspeisevergütung läuft über einen Zeitraum von 20 Jahren, innerhalb dieser Zeitspanne muss der Wechselrichter, üblicherweise einmal ausgetauscht werden. Je nach Installationsort, beträgt die Lebensdauer des Wechselrichters etwa 10 bis 15 Jahre.
Neben der schleichenden Verhärtung kristalliner Strukturen in den Solarzellen gibt es noch einige weit augenscheinlichere Gründe für entsprechende Ertragsminderung bei PV-Anlagen. Die Rede ist von Verschmutzung, Überschattung und Ausbleichung des verwendeten Einbettungspolymers. Im Fall der mit den Jahren entstehenden Überschattung gibt es ein einfaches Gegenmittel: Stutzen Sie verursachende Bäume und Sträucher (sofern erlaubt) einfach zurück. Schmutz und Staub werden üblicherweise mit jedem Regenguss (zumindest teilweise) entfernt. Die Reinigung on Hand ist zwar möglich und wirkt den schleichenden Ertragseinbußen entgegen, der Vorgang ist allerdings aufwendig. Verzichten Sie bei der Reinigung unbedingt auf scharfe Putzmittel oder Hochdruckreiniger und betreten Sie die Module NIE. Im Artikel Solaranlage richtig reinigen: Wie, wann und warum? steht ausführlich, wobei Sie darauf achten sollten. Sowhol die Nutzung falscher Reinigungsmittel als auch das Betreten der Module, können die empfindliche Oberfläche der Paneele nachhaltig beschädigen und die Degradation verstärken. Zu empfehlen sind kalkarmes Wasser und Neutralreiniger. Gegen die schleichende Vergilbung des Einbettungsmaterials sind Sie machtlos.

Was tun, wenn eine Ertragsminderung entdeckt wird?

Wer sich eine PV-Anlage zulegt, der tut dies mit dem Ziel, dass sich diese möglichst bald amortisiert hat und Gewinn abwirft. Um das zu erreichen, wäre es von Vorteil, wenn die Anlage so viel Ertrag wie möglich generiert. Verrät der Blick auf das Monitoring-System, dass das Optimum nicht mehr erreicht wird, ist die Zeit zum Handeln gekommen. Je nach Schwere der Ertragseinbußen sehen die unterschiedlich aus.

  • Langsam fortschreitende Minderung: Bemerken Sie stetige, aber noch langsame Verschlechterungen, ist dies noch kein Grund zur Panik. Auf die leichte Schulter sollten Sie die ersten Anzeichen allerdings auch nicht nehmen. Inspizieren Sie die Module genau, halten Sie Ausschau nach Sprüngen, Rissen oder anderen augenscheinlichen Defekten. Führen Sie eine gründliche Reinigung durch. Auch starke Verschmutzungen können zu Einbußen führen. Führen Sie außerdem eine erneute Feinjustierung des kompletten Systems durch. Schon kleine Abweichungen können große Auswirkungen haben, denn alle Module laufen nur so stark wie das schwächste Glied.
  • Fortbestehende Minderung: Die im vorangegangenen Punkt vorgestellten Maßnahmen verlieren an Einfluss, wenn darauf keine konstante Überwachung der Anlage folgt. Zeigen sich Verbesserungen, haben sich die Veränderungen positiv ausgewirkt. Vergrößern sich die Ertragseinbußen weiterhin, raten wir Ihnen, einen Fachmann zu kontaktieren. Durch das weiterhin nicht ideale Setup ist das PV-System zwar nicht in seiner Gesamtheit bedroht, von einer idealen Situation kann aber auch keine Rede sein. Werden die Probleme nicht behoben, könnte sich der Zustand rapide verschlechtern.
  • Massiver Ausfall/Nullertrag: Schreitet die Degradation trotz getroffener Gegenmaßnahmen fort oder kommt es gar zu einem Nullertrag, ist es höchste Zeit zu handeln. Der verursachende Fehler kann sich ausbreiten und die komplette PV-Anlage außer Betrieb nehmen. Wenden Sie sich in so einem Fall ohne weiteres Zuwarten an einen Fachbetrieb


Übrigens: Damit die Anlage möglichst viel Ertrag liefert, sollte im Vorfeld entsprechend vorausschauend geplant werden. Sonnenstunden, Neigungswinkel des Daches und Lages des Objekts spielen dabei eine entscheidende Rolle. So kann beispielswiese eine Anlage zur Mittagszeit im April mehr Leistung erzeugen (kWh) als im Juni, obwohl der Sommermonat vermeintlich geeigneter wäre. Mehr Infos zur Planung der Solaranlage bietet der Artikel Ausrichtung Solaranlage: Ratgeber zu Dachneigung, Azimutwinkel, Himmelsrichtung & Co. bei uns im Blog.

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